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Bei der Gelegenheit dieses Eisenbahnuuglücks hatten wir wieder eine Probe von der englischen Jurp. Es war ein allgemeiner Schrei des Entsetzens., als die Nachricht nach London kam; man sprach Von dreißig Todten, und unzähligen Verwundeten, da Fama bei solchen Gelegenheiten sehr geschäftig sich zeigt. Die Ueberzeugung,. daß die Eompagnie an Allem Schuld sei, und zu Strafe und Schadenersasz verurtheilt werden müsse, war so allgemein, daß die Aktien jener Eisenbahn sogleich um ein Bedeutendes sanken. Zwar erfuhr man bald, daß die Zahl der Todten glücklicherweise nur auf vier sich erstrecke, nichtsdestoweniger war man überzeugt, daß die Compagnie verurtheilt werden müsse. Die Untersuchung fand sogleich statt, und wurde Tags darauf einer Jurh vorgelegt. Wie groß aber war das Erstaunen, als man vernahm, die Eompagnie sei zum Ersatze von Einem Schilling verurtheilt worden.
Der Gang des öffentlichen Lebens in London ist so himmelweit unterschieden von dem- in Deutschland, daß dem Deutschen das Verständniß oft dazu fehlt. Gibt es in Deutschland eine Zeitung, die ihrer Ehre das Opfer brächte, welches die Times un- längst sich kosten ließ? Jch weiß nicht, ob Jhnen der Fall schon bekannt ist. Eine nä- here Angabe der Thatsachen, welche dabei statt gefunden, können eine- Vorstellung von der Wichtigkeit des Journalismus geben und von dem Ansehen, dessen er hier genießt- und in allen Ländern genießen muß, wenn er ohne Rückhalt die Wahrheit zu sagen und zu vertheidigen versteht.
Jm Monat Mai 1840 zeigte die Times eine Gaunerbande, von vornehmem Stande, an, welche vermittelst Wechsel auf das Haus Glhn und Comp. zu London, die Banauiers des Eontinents ausbeutete·, und bereits eine Summe von 3 bis 400,000 Franken an sich gebracht hatte.
Unter den zwölf oder fiinfzehn Individuen, welche das englische Journal, als dieser Bande angehörig, bezeichnet hatte, befand sich ein gewisser Herr Bogle, Associe eines eng- lischen Hauses zu Florenz. Auf diese öffentliche Anzeige versuchte es Herr.:Bogle nicht, sich zu vertheidigenz er sagte zu seinen Assoeies·, daß er ein ruinirter Mann sei, versprach ihnen, die Bank nie wieder zu betreten, und verstand sich dazu, den nämlichen Tag die gerichtliche Aufhebung des mit ihnen geschlossenen Vertrages zu unterzeichnen. Den Tag darauf wurde er, durch« einen Befehl der großherzoglichen Regierung von T«oseana·, ange- wiesen, unverzüglich das Land zu verlassen; er reiste nach England-. indem er sich jedoch hütete, Frankreich zu berühren, wo er befürchtete-. festgenommen zu, werden.
Noch ehe Herr Bogle in England anlangte, hatte die Times schon die ganze Ver- schwörung enthüllt. Durch den Eifer eines ihrer Eorrespondenten hatte sie Abschriften von fünf, auf der Pariser Post, mit Beschlag belegten Brieer erhalten, in denen die Theilnehmer des Betruges sich über ihre Operationen gegenseitig in Kenntniß setzten; auch hatte sie einen-Bericht in Händen, über das Verhör von zweien aus dem Lande, die man in Belgien festgenommen hatte, und deren Geständnisse über die Mitschuldigen, un- Jter denen auch der Banquier von Florenz sigurirte, den vollständigsten Aufschluß gaben.