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men, in England, Spanien, Deutschland, Jtalien und Holland. Auf dem höch- sten Puncte ihrer Entwickelung angekommen , läßt die Wiedergeburt des Alter- thums die klassische Jdee entstehen und diese bemächtigt sich nun auch der dra- matischen Form. Dem ausschließlich christlichen Schauspiel in volksthümlicher Sprache, von angemessener Länge, folgt nun das heidnische, gelehrte, in enge Grenzen eingezwängte Drama. Für diesmal beginnt Jtalien, Frankreich und England folgen, und Deutschland rückt später auch nach. Doch schon bei dem sechzehnten Jahrhundert müßte unser Schriftsteller die Bemerkung machen , daß eines der Elemente dieser klassischen Jdee eine Protestation gegen die bestehenden Meinungen ist , eine Reaction zu Gunsten des intellectuellen Systemes des-Al-- terthums. Diese erste Umbildung führt natürlich Andere herbei. Denn die— Neuerung gebiert die Neuerung, Umsturz einen andern Umsturzz der Geist der Kritik beginnt alle Formen anzngreifen nnd das Drama wird in die allgemeine- Bewegung mit hineingerissen. Nun hebt eine Periode der Verwirrung an, ein Chaos, wo alle Ideen, ja alle Jdeensraktionen ihre Repräsentanten, alle Formen und deren Fraktionen ihre Anhänger haben; und dieses Chaos war schon an allen Orten verbreitet, wo die Klassieität geherrscht hatte, zu London sowohl als zu Paris, als das Ordnungsprineip des siebenzehnten Jahrhunderts der Thea- terlieenz einen Zügel anlegte und ein neues System entstehen ließ, worin die klassische Jdee, obschon modisicirt durch den Geist einer christlichen, monarchischen und ritterlichen Gesellschaft, vorherrschte. Wenn Frankreich auch hier wieder die Jnitiative ergreift, kam es wohl daher, daß das Drama Raeine’s und Moliere’s nur für dieses Land paßte? Glaubt es nicht; denn Addis o n- und Eongreoe werden nicht zögern es in England nachzuahmen, in Erwar- tung, daß der große Friedrich seinen Beifall in Deutschlaod gebe, daß-« Maff ei und Goldoni es nach Jtalien zurückführen und Moratin es in Spanien zu eopieren suche.
Und so ist es überall und immer gleich, und selbst die höchsten Fähigkei- ten, die dem Anscheine nach unabhängigsten Materien, können sich diesem Geiste der Nachahmung nicht entziehen. Thomson hat Ewald Von Kleist und St. Lambert im Gefolge gehabt, wie Bhron unsre Salonsdichter an der Schleppe führt, wie Barletta, der spaßhafte Kanzelredner, sich in Lattimser, Maillard und Abraham a Sancta Clara reprodueirte-, wie die Dogmen der Waldenser Jtalien, Böhmen, Deutschland, England , Frankreich durchlie- fen, indem sie Savonarola, Wikle«f, Johann Haß, Luther, Heinrich den Achten und Ealvin, Einen aus den Andern entstehen ließen und in Spa- nien nur vor dem stammenden Schwerte der anuisition zurückwichen.
Und der Schluß aus all diesem? Es ist der, daß aus den Analogieen, wie aus den geistigen Verschiedenheiten der großen Familie der Menschheit her- Vokgeht- daß alle Hanptideen ihre Nothwendigkeit, alle Hauptformen ihre