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Die Eröffnung des italienischen Theaters fand dieser Tage statks Der» Saal ist aufs prächtigste decorirt worden. Man hat die Sorge für die Bequemlichkeit sp West getrieben, daß man unter den Sperrsitzen kleine kupferne Zirkel angebracht hak- Wo De Herrn ihre Hüte hinein stellen können, so daß man ietzt nicht mehr genöthigt· sein Wird- seine Kopfbedeckung den ganzen Abend über in Händen zu halten.

Heinrich Heine hat sich dieser Tage mit seiner bisherigen Lebensgefährtin kirch- lich und gesetzlich Verlobt. Madame Heine ist eine behagliche Brünette, mit hübschen Augen; ohne sonst besondern Anspruch auf Schönheit machen zu können, hat sie doch jenen freundlichen, wir möchten sagen, dauerhaften Reiz, den die Französinnen bis zu ihrem Alter conserViren. Leider Versteht sie nicht eine Splbe deutsch, und der Dichter des Buchs der Lieder bleibt mit seinen Productionen auf sich allein Verwiesen, und jener wohlthuende Einfluß, den eine Fran, eine geliebte Freundin, bei solchen Gelegenheiten ausübt, ist ihm geraubt. Hierin liegt Vielleicht auch der Schlüssel zu den mannigfachen Fehl- und Ueber- griffen, die man den schönsten Büchern Heine’s Vorznwerfen hat, jene Grausamkeiten- welche ihm so viele Feinde zugezogen. Heine, der Poet, hat keine Seele, der er sich mittheilen kann, keines Seele, die ihn Versteht, und die in bittern Augenblicken seinen Ans- druck mildert, seinen Zorn zur Besinnung ruft. Daher bleiben in seinen Büchern alle jene ertraVaganten Stellen stehen, zu welchen ein überwiegender Witz und eine größere Aufgeregtheit im Momente des Erzeugens führen, die aber, beim Ueber»lesen, auf den Rath eines Freundes, einer Frau ec» gewöhnlich wieder Verschwindem Solche Freundes- kritit fehlt Heine. Jn dem weiten, menschenVollen Paris steht der, trotz allen Fehlern, doch so herrliche Dichter allein.

Brüssejl im Oktober.

Die letzten Tage des Vorigen Monats waren sehr-aufgeregt Die Septemberfeste undihre Nachklänge füllten die Woche. Die Septemberfeste sind für Brüssel mehr, als die Julifeste für Paris, man meint es hier ehrlicher damit. Zudem ist Belgien ein Von Eisenbahneu durchzogenes Land; der ganze Ertract der Bevölkerung der einzelnen Pro- Vinzen, Städte nnd Communen, fließt an solchen Tagen nach der Hauptstadt, und diese wird die wahre Nepräsentation des Landes. Der Zudrang der Fremden war ungeheuer..

Uns kam bei dieser Gelegenheit die Jdee, welche Veränderte Gestalt die Gesellschaft in wenigen Jahren erhalten wird, wenn die Eisenbahnen Europa nach- allen Seiten durch- ziehen. Man denke sich dann ein Fest, wobei die ganze eiVilisirte Welt betheiligt ist , ein Gutenbergsfest zum Beispiel! Da strömen nicht mehr Tausende herbei, da kommen Mil- lionen gezogen. Werden dann die staatlichen Grenzen noch so tiefe Schnitte machen kön- nen? Werden die Schlagbänme dann noch immer stark genug sein, Völker Von Völkern zu trennen« wenn diese in Massen einander zu eilen?

Die Anstalten zur Feier der Septemberfeste waren glänzender, als ie: Zu den Volks- fpielem Jlluminationen, Pferderennen u. s. w.., gesellte sich noch. die Eröffnung einer neuen chenbahnlinie, der Wettstreit aller, Vom Staate unterhaltenen, Atheneen und. Stadtschu- len- die Begründung einer neuen medizinischen Akademie in Brüssel, und Vor Allem das merkwürdige Wettsingen, und die PreiseVertheilung unter die Verschiedenen Harmoniege- fellschqften und Liedertafeln des Landes. Man zählt in den 9 belgischen Provinzen nicht Wenigek als 310 MusttVereinez fast jede Stadt und Commune hat eine solche Gesellschaft An der Spitze dieser Vereine steht der der Hauptstadt, der nach dem Namen des berühm-