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äußerung, wie sie die auf ihre Freiheit stolzen, eisersüchtigen Städte und Adelsgeschlechter unter den burgundischen Herzögem unter den Liitticher Bi- schöfen, unter Kaiser Mar, unter Karl dem Fünften, unter Spanien nnd Oesterreich ausübten. Dieser Geist datirt sich wahrlich nicht erst von 1789 oder von 1830, es ist nicht die plötzliche Wuth eines langgepeinigten, ans- gesogenen, centralisirtenVollesz —- fragt die alten Städte: Gent, Brügge, Lüttich, Antwerpen, ob sie ihre Freiheitslust erst von dem modernen Frank- reich lernen mußten? Es ist diesz der Geist der alten Communalverfassnng und Communalfreiheit, der im Mittelalter alle germanischen Städte be- seelte, der die Hansa, die schwäbischen R«eichsstädte, so mächtig werden liest. Nur daß in Deutschland der Adel unklugerweise gegen die Städte sich wandte, sie schwächte und ihre Macht zerstören half, während der niederlän- dische Adel meist Hand in Hand mit dem Volke ging, von der glorreichen Sporenschlacht, bis auf den Geusenbnnd, bis auf den Tod Friedrichs von Merode. Und hier find wir wieder bei einem unterscheidenden Charakter- zuge der französischen und belgischen Revolution. Jn Frankreich wie in Belgien hat der Adel seine Privilegien verloren, aber in Frankreich hat er mit seinem politischen Einflusse auch seinen biirgerlichen eingebüßt, während er in Belgicn noch immer von dem Volke als sein erster Bürger betrachtet wird. Die Arembergs, die Ligne, die Beauforts, die Merodes Ie. sind hier noch immer populäre, beliebte Gestalten —- eben weil die Revolution nicht die Geschichte auseinandergeschnitten hat.

Man spricht in Deutschland stets von den französischen Shmpathieen Belgiens, und schlägt die germanischen Elemente in demselben nur sehr we- nig oder gar nicht an. Allerdings hat sich Frankreich mehr Mühe gegeben, als Jhr. Seit Jahrhunderten buhlt es um den Besitz dieses Landes; lange noch vor der Zeit, ehe die schöne Maria von Burgund ihr reiches Erbe dem schlanken deutschen Kaisersohne zugebracht, spann die sranzösische Erobe- rungslust ihre Fäden um dasselbe, und dieses Gespinnst setzte sie fort von Jahr zu Jahr, von Geschlecht zu Geschlecht, von einem Regenten zum an- dern. Wenn man den vielhundertjährigen Auswand überschaut, den Frank- reich zur Erringung dieses Landes in Bewegung setzte: an Jntriguen und Gewalt, Krieg nnd Verführung, Glanz nnd Schrecken; so fragt man sich erstaunt, wie ist es möglich daß dieses kleine Belgien noch selbstständig dasteht? Wie ist es möglich, daß in den flandrischen Provinzen, in Ant- werpen und Brabant dieser eigenthümliche Geist, diese nnbeugsame Liebe für die alte sächsische Sprache und Sitte nicht längst erlöscht und ausgegangen ist? Wie ist es möglich, daß Zixttich, Naturw und Ädas Hennegau nicht längst von dem mächtigen sprachverwandten Nachbar aufgesogen wurde? Wie ist es möglich, daß nachdem dieses Land durch ein Vierteljahrhnndert