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Untizem
Ein Druckfehler.
Jn dem Artikel »Deutschland und Belgien,« welchen die erste Nummer der »Greuz- boten« enthielt, kam der Schillerische Vers Vor: »Vor dem SelaVen, wenn er die Kette bricht, Vor dem freien Manne zittere nicht«- Ein hiesiges politisches Blatt, der Ob- serVateur, fand sich bewogen, jenen Artikel in französischer Uebersetzung wiederzugeben, das Schiller’sche Citat jedoch, aus Pietät, oder aus Coquetterie, im Originale beizube- halten. Bei den schönen Kenntnissen, welche die französischen Setzer Von der deutschen Sprache haben, erhielt jener Vers im Abdruck folgende Gestalt:
Voi dem SlaVen, wenn er die kette bricht, Vor dem freiem manne zittere nicht.
Oder sollte Vielleicht einer der unglücklichen Polen-Flüchtlinge, die in den Brüs- seler Druckereien Beschäftigung gefunden, einen tragischen Witz gemacht haben, indem er den SlaVen als Gegensatz zu dem freien Manne stellte? —-
Ein kleines Beispiel fiir deutsche ueberseßen
Ju den letzten Tagen des vorigen Monats wurde die Uebersetzung eines Drama’s Von Alexander Dumas zum Ersteumale in Madrid gegeben. Das Publikum Verlangte am Schlusse der Vorstellung den Namen des Uebersetzers zu wissen. Der erste Alcade, der der Vorstellung beiwohnte, befahl allsogleich dem Direktor den gewünschten Namen zu nennen. Der Direktor Versicherte, ihn nicht zu wissen, und wurde augenblicklich zu der gesetzlichen Strafe Von 200 Nealen Verurtheilt. Der geängstigte Theaterunternehmer hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als Kundschafter nach allen Seiten ausznsenden, um den gewünschten Mann aufzufinden, nnd es gliickte ihm endlich in der That, ihn dem Publikum Vorzufiihren·. Der Uebersetzer redete hieraus-· das Publikum folgendermaßen an: Jch glaube, meine Verehrten, es sei eben nicht sehr würdig eines spanischen Schriftstellers, mit Lor- beern sich zu schmücken, die dem Genie eines fremden Poeten gehören. Ein Mißbrauch dieser Art ist meinem Charakter zuwider; nur die Verlegenheit, in welchem ich einen dem Theater nothwendigen Leiter in diesem Augenblicke sehe, bestimmte mich hier zu erscheinen, nnd Jhnen zu danken. Der Applans des Publikums war natürlich nun noch größer. Was sagen unsere Herren deutschen Uebersetzer zu dieser Geschichte? Jene Herren Koch, Castelli, Herrinann, und wie sie alle heißen, die die französischen Stücke auf den Karren ihresDiktionaires den deutschen Theatern zu führen, und sich gar nicht geniren, den Namen deseigentlichen Verfassers auszustreichen, und ihren eignendafiir herzugeben. AufdenThea- terzetteln des wiener Burg-Theaters, unter Deinhardsteins Direktion prangte jede Woche ein solcher berühmter Uebersetzer-Name als Verfasser, und es mußten gar besondere Ge- wissensbisse statt finden, wenn es hieß »nach dem Französischen des Alexander Dumas oder der Madame Ancelot« oc. Unter wie Vielen Pathen-Namen wurde der parifer Taugenichts ausgeführt? Seribe’s Glas Wasser hat fast an jedem Theater einen andern Verfasser-i —